Paternalismus

Paternalismus (der) bezeichnet das Bestreben oder die Anmaßung, andere zu ihrem eigenen Wohl zu bevormunden, einzuschränken oder zu lenken.

Dabei ist die Grundannahme, dass die so Bevormundeten andernfalls nicht in der Lage wären, für ihr eigenes Wohl zu sorgen, gute Entscheidungen zu treffen und sich „richtig“ zu verhalten. Wer Paternalismus an den Tag legt, sagt also praktisch „ich weiß oder kann es besser, deshalb liegt es in meiner Verantwortung, die anderen in die richtige Richtung zu lenken“. Trotz der wohlwollenden Basis schränkt die Bevormundung aber die Souveränität der Person oder des Kollektivs ein, weshalb der Begriff oft abwertend gemeint ist.

Meistens wird das Wort verwendet, um die Beziehung einer Regierung zu ihren Bürgern oder die eines Staates zu einem anderen Staat zu beschreiben.

Neben Staaten können sich auch andere Menschen und Gruppen in Machtpositionen paternalistisch verhalten. Ein Beispiel hierfür wären Ärzte, wenn sie das Selbstbestimmungsrecht ihrer Patienten ignorieren oder sich über deren Einwände hinwegsetzen.

Weiterhin gibt es den medialen Paternalismus, wobei Medien und Journalisten sich eine erzieherische Rolle anmaßen und gezielt auswählen, worüber und wie sie berichten, um Leser und Zuschauer in eine bestimmte Richtung zu lenken oder zu erziehen. Dabei spricht man kritisch auch von Nanny-Journalismus.

Der Begriff hat seine Wurzeln im mittellateinischen Adjektiv paternalis (väterlich). Aus dem Wortstamm dieses Ausdrucks wurde dann mithilfe des Ableitungsmorphems –ismus das heute gebräuchliche Substantiv Paternalismus gebildet.

Aussprache

Lautschrift (IPA): [patɛʁnaˈlɪsmʊs]

Verwendungsbeispiele

Daher setzt Beijing im Umgang mit der eigenen Bevölkerung auf drei altbewährte Strategien: Paternalismus, Kommerzialisierung und Repression.
– Kristin Shi-Kupfer (2014): „Chinas Gesellschaft wird zum Risiko”. DIE ZEIT ONLINE. 09.10.2014.

Seitdem die Pandemie ausgebrochen ist, hat diese Erosion noch eine weitere Dimension des staatlichen Paternalismus in Belarus ganz deutlich gemacht: Dass nämlich in diesem System, in unserem angeblich auf die Gesellschaft orientierten Staat von den konkreten Menschen kaum die Rede ist.
-Elisabeth von Thadden (2020): „Die Grenze der Leidensfähigkeit war erreicht”. 05.09.2020.

Die Überwindung des traditionellen ärztlichen Paternalismus hat nämlich zu dem Missverständnis geführt, dass ärztliche Verantwortung an den Patienten übertrag- und delegierbar sei. Das ist nicht der Fall.
– DIE ZEIT ARCHIV (2008): „Auch Ärzte irren”. 03.07.2008.

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